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Rückenschmerzen – Unterteilung und unterschiedliche Therapieoptionen

Rückenschmerzen – Unterteilung

Rückenschmerzen sind eine der häufigsten Ursachen für Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Jeder Dritte in Deutschland litt oder leidet an Rückenschmerzen. Je nach Lokalisation unterscheidet man Schmerzen im Hals- und Brustbereich, oder Lendenwirbelsäulen- und Kreuzschmerzen. Am häufigsten ist der untere Rücken betroffen.

Die Rückenschmerzen können nach unterschiedlichen Kriterien unterteilt werden.

1. Dauer der Beschwerden

  • Bis 6 Wochen – akute Rückenschmerzen
  • 6-12 Wochen – subakute Rückenschmerzen
  • > 12 Wochen . chronische Rückenschmerzen

2. Ursachen für Rückenschmerzen

  • Spezifische Rückenschmerzen – die klinischen Beschwerden korrelieren mit feststellbaren, morphologischen Veränderungen. Hierzu gehören Rückenschmerzen bei Tumoren, Infektionen, Verletzungen, rheumatologisch-entzündlichen Erkrankungen, Nervenreizsyndromen und ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule.
  • Unspezifische Rückenschmerzen – Patienten klagen über Rückenschmerzen, die jedoch nicht mittels Bildgebung und körperlicher Untersuchung objektiviert werden können.

3. Beteiligung der Nervenwurzeln

  • Radikuläre Rückenschmerzen -  ca. 10 % aller Rückenschmerzen – die Schmerzen im Rücken sind schwächer als in dem durch betroffene Nerven versorgten Gebiet. Dazu geöhren auch zusätzliche Erscheinungen wie Lähmungen, Taubheit, Kribbeln.
  • Nicht-radikuläre Rückenschmerzen – ca. 90% aller Rückenschmerzen. Die Schmerzen sind dumpf, tief sitzend, kaum ausstrahlend. Oft treten Anlaufschmerz und Muskelverspannungen ein.

Akuter Rückenschmerz - Hexenschuss

Die Rückenschmerzen treten zum ersten Mal auf und dauern bis maximal 6 Wochen. 80-90% der Bevölkerung in den Industrieländern werden zumindest einmal im Leben an akuten Rückenschmerzen leiden. Eine besondere Bedeutung liegt hier der Abgrenzung sog. „Red Flags – roten Fahnen“, die auf eine gravierende Ursache deuten können.

  • Fieber
  • Gewichstverlust
  • Krebserkrankung in der Vorgeschichte
  • Alter unter 20 oder über 50 Jahre
  • Vor kurzem erlittener Sturz oder Unfall
  • Neurologische Ausfälle – Lähmungen, Inkontinenz
  • Osteoporose
  • Langzeitanwendung von Kortisonpräparaten
  • Kein Ansprechen oder Verschlechterung bei Standardtherapie
  • Alkohol- und Drogenkonsum

Therapieempfehlungen entsprechend den Leitlinien:

Hexenschuss

  1. Aufklärung – ausführliche Informationen über den gutartigen Verlauf der Erkrankung und darüber, dass deutlich bessere Therapieergebnisse erreicht werden wenn, die Alltagsaktivitäten beibehalten oder möglichst schnell aufgenommen werden. Die noch vor Jahren empfohlene Bettruhe ist kontraproduktiv!
  2. Medikamente um den Teufelskreis – Schmerz-Muskelverspannung-Nervenreizung-Schmerz zu unterbrechen. Zunächst werden entweder Paracetamol und NSAR(Ibuprofen, Diclofenac) angewendet. Bei starker Schmerzsymptomatik können auch schwache Morphinabkömmlinge indiziert werden. Ergänzend können Muskelrelaxantien für ca. 1-2 Wochen angewendet werden.
  3. Krankengymnastik und bei Bestehen von Funktionsstörungen auch manuelle Therapie.
  4. Infiltrationen können eine sinnvolle Ergänzung der Therapie sein.  Sie  können aber  nicht pauschal empfohlen werden!!!

Sollten die Rückenschmerzen länger als 4-6 Wochen ohne wesentliche Besserung dauern, dann sollte eine bildgebende Diagnostik – MRT Untersuchung – durchgeführt werden. Ist dort kein Befund, der die Beschwerden erklären konnte, vorhanden, sollte an die sog. „Yellow Flags – Gelbe Fahnen“ gedacht werden. Es ist eine Liste der Hinweise dafür, dass die Erkrankung einen chronischen Verlauf annehmen konnte.

  • Depressive Verstimmung, Resignation
  • Inadäquates Schmerzerleben mit Katastrophisieren
  • Inadäquates psychologisches Verhalten im Umgang mit dem Schmerz
  • Unbefriedigende Arbeitssituation
  • Rentenbegehren

 

Bandscheibenvorfall

BSV

Chronischer Rückenschmerz

Die Schmerzen stellen ein zunehmendes Problem für das Versorgungssystem dar und führen zur Arbeitsunfähigkeit und zu Rentenanträgen. Sie sind auch für die Patienten besonders belastend und führen zu Einbußen in Bezug auf die Lebensqualität mit zunehmender Einschränkung im Alltag.

Die Genese der chronischen Rückenschmerzen ist meistens multifaktoriell. Es kommen mehr oder weniger ausgeprägte Veränderungen der Wirbelsäule mit Stress und seelischen Belastungen zusammen. Die Bandscheibenvorfälle, Arthrose der Facettengelenke, knöcherne Defekte wie Substanzabbau bei Osteoporose, Skoliose lösen sowohl nozizeptiven als auch manchmal neuropathischen Schmerz aus. Dies führt zu einer Muskelverspannung, die wiederum die Schmerzen verstärken kann. Auch Stresssituationen und seelische Belastung führen einerseits zur Muskelverspannung, anderseits zur Veränderung der Schmerzimpulsübertragung und deren Empfinden im zentralen Nervensystem.  Deswegen darf sich die Behandlung nicht nur einer Facette des Schmerzes widmen – sie muss möglichst alle Faktoren umfassen. So wurde das bio-psycho-soziale Modell des chronischen Schmerzes entwickelt und als Folge multimodale Therapieprogramme.

Therapieoptionen bei chronischen Rückenschmerzen:

1. Medikamentöse Therapie – Kombination aus Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen

  • Peripher wirkende Schmerzmittel  - Novalgin, NSAR ( Ibuprofen, Diclofenak etc.)
  • Opioide – Morphinabkömmlinge – nach genauer Risiko-Nutzen-Abwägung und ausführlicher Aufklärung bezüglich Nebenwirkungen und Risiko einer Abhängigkeit, bei anders nicht kontrollierbaren Schmerzen. Es sollten nur Präparate mit verlängerter Wirkung angewendet werden, schnell und kurz wirkende Präparate wie Tropfen von Tilidin führen deutlich schneller zur Äbhängigkeitsentwiklung!
  • Bei Nervenschmerzen zusätzlich Antikonvulsiva
  • Niedrig dosierte trizyklische Antidepressiva.  Durch Erhöhung von Neurotransmittern wie Noradrenalin und Serotonin in dem synaptischen Spalt kommt es zur Unterdrückung der Weiterleitung von Schmerzimpulsen sowie zur Unterstützung von körpereigenen, schmerzhemmenden Mechanismen im Rückenmark und im Gehirn. Zusätzlich wird die meistens bestehende Schlafstörung gebessert.
  • Muskelrelaxanzien – nur bei bestehenden Muskelverspannungen. Die Gabe soll möglichst kurz sein – 1-2 Wochen. Je nach angewendeter Substanz bestehen unterschiedliche Risiken bei verlängerter Gabe. Bei Katadolon kann es zur deutlichen Erhöhung von Leberenzymen kommen. Bei Mitteln aus der Gruppe der Benzodiazepine oder ähnlich wirkenden Stoffen besteht das Risiko einer Abhängigkeit.
  • Vitamine und Spurenelemente. Ergänzung von bestehenden Mängel z.B. an Vitamin D und Vitaminen der Gruppe B
  • Capsaicin-Pflaster

2. Physiotherapie/Manuelle Medizin/Physikalische Therapie

  • Krankengymnastik
  • Rückenschule und Funktionstraining
  • Manuelle Medizin
  • Massagen, Kälte- und Wärmeanwendungen, Ultraschalltherapie
  • Reizstromtherapie - TENS

3. Komplementäre Therapieansätze

  • Akupunktur und TCM
  • Kräutertherapie
  • Procain-Basen-Therapie

4. Psychologische Mitbehandlung – Verhaltenstherapie

  • Ziel ist, die schmerzverstärkenden Angewohnheiten und Einstellungen positiv zu verändern und Strategien zur Schmerzbewältigung zu erlernen.
  • Entspannungstraining wie progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training

5. Invasive Maßnahmen

 

Invasive Maßnahmen inkl. OP

Therapieoptionen bei chronischen Rückenschmerzen

Die Invasiven Maßnahmen sollten nur bei der Unwirksamkeit von oben genannten Methoden in Erwägung gezogen werden. Das Risiko-Nutzen Verhältnis muss immer genau überlegt werden, um eine weitere Chronifizierung zu vermeiden.

Periradikuläre Therapie – PRT und Facetteninfiltration

Bei einem isolierten Bandscheibenvorfall oder Aktivierung der Arthrose in 1-2 Facettengelenken kann eine Serie von 4-6  Injektionen von Kortison und Lokalanästhetikum direkt in der Nähe der betroffenen Struktur erfolgen. Dadurch wird die lokale Schwellung und Entzündung gelindert und damit auch die Schmerzbeschwerden. Früher wurden die oben genannten Blockaden mit Hilfe von C-Bogen durchgeführt. Aktuell stellen CT gesteuerte Blockaden eine deutlich bessere Alternative dar – vor allem das Risiko von Komplikationen wie Verletzung der Nervenwurzel kann signifikant reduziert werden. Diese Eingriffe werden im Medical Center Baden-Baden in der Gemeinschaftspraxis: Radiologie Baden-Baden durchgeführt.

Implantation einer Schmerzpumpe

Dafür ist ein chirurgischer Eingriff notwendig. Hier wird in der Vollnarkose ein dünner Katheter direkt in der Nähe des Rückenmarks implantiert und mit einem Gerät, das meistens vorne auf dem Bauch unter der Haut platziert wird verbunden. Das Gerät beinhaltet ein Medikamentenreservoir, das alle 1-2 Monate mit einer Medikamentenlösung aufgefüllt werden muss, sowie elektronisch gesteuerte Mechanik, die die Medikamentenverabreichung garantiert. Eine Programmierung findet kabellos statt. Welches Medikament und in welcher Dosierung verabreicht wird, entscheidet der behandelnde Schmerztherapeut. Eine Implantation soll in einer darauf spezialisierten Einrichtung (Neurochirurgie)erfolgen und weitere Betreuung, Pumpenbefüllung und Dosisanpassung durch einen damit vertrauten Schmerztherapeuten.

Implantation von Stimulationselektroden in direkter Nähe des Rückenmarkes – Spinal Cord Stimulation (SCS)

Es wird eine Elektrode in den sogenannten Epiduralraum implantiert. Dieser Eingriff findet in Lokalanästhesie statt. Um die beste Wirkung zu erreichen, muss die Platzierung der Elektrode optimal sein. Während des Eingriffs werden unterschiedliche Lagen der Elektrode ausprobiert und der Patient nach schmerzlindernder Wirkung gefragt. Ein Impulsgenerator wird zunächst extern getragen und nach einer erfolgreichen Testphase unter die Bauchdecke implantiert. Das Verfahren eignet sich vor allem zur Behandlung neuropathischer Schmerzen.

Dorsal Root Ganglion Stimulation (DRG)

Es ist ein modernes Verfahren zur Behandlung von Schmerzen, die nur einseitig vorhanden sind und  isoliert lokalisierbar. Dazu gehören Schmerzen am Knie, Leistenschmerzen oder Fußschmerzen. Das Prinzip ist dem oben beschriebenen SCS sehr ähnlich, nur die Lokalisation der implantierten Elektrode ist anders. Die Elektrode wird an dem dorsalen, in dem Neruroforamen gelegenen Nervenknoten (Ganglion) implantiert. Genauso wie bei SCS erfolgt zunächst eine Testphase und anschließend die endgültige Implantation des Generators.

Operationen / OP

Operative Eingriffe sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll und notwendig. Vor allem in Situationen, wo neurologische Ausfallerscheinungen wie Lähmungen und Inkontinenz auftreten, muss eine operative Behandlung des Bandscheibenvorfalls in Erwägung gezogen werden. Bei starken Skoliosen und Instabilitäten der Wirbelsäule, zum Beispiel in Folge einer Fraktur, die das Risiko einer Querschnittslähmung mit sich bringen kann, eine Versteifung mittels Stäben und Schrauben notwendig sein. Das Verfahren geht immer mit einem Risiko von Querschnittlähmung einher, sollte deswegen genau überlegt werden und nur, wenn der Nutzen das vorhandene Risiko übersteigt, durchgeführt werden. Ein weiteres Problem postoperativ stellen sogenannte Anschlussinstabilitäten dar. Unter Umständen muss in 3-4 Jahren die Versteifung nach oben oder unten verlängert werden. Bei wiederholten Operationen an der Wirbelsäule kommt es eher zu einer Verschlechterung des Beschwerdenbildes. Ist die Indikation zu einer Operation fraglich, empfiehlt es sich eine 2. Meinung einzuholen. Sollte eine Operation unabdingbar sein, muss sie durch versierten Spezialisten durchgeführt werden.

 

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